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Huaraz – Meerschweinchen zum Mittag

Obwohl meine Zeit in Peru sehr begrenzt ist, konnte ich nicht umhin den östlich der peruanischen Nordküste gelegenen Anden einen Besuch abzustatten. Für die wenigen Kilometer, die sie vom Meer trennen, brauchte mein Nachtbus ganze 10 Stunden. Doch der Abstecher hat sich gelohnt. Die Cordillera Blanca gehört zu den schönsten Gebirgsketten, die ich je gesehen habe. Ohne Übertreibung kann sie mit der Pracht und Schönheit der patagonischen Anden mithalten. 22 stolze Gipfel erstrecken sich hier auf über 6000 m Höhe. Zentrum des Wander,- Kletter- und Mountainbikegebietes ist die Stadt Huaraz. 1970 wurde sie von einem Erdbeben fast ausradiert. Viele noch immer im Bau befindliche Häuser erinnern daran.

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Da mir nur ein Tag zur Verfügung stand um mir einen Überblick zu verschaffen, buchte ich – auch ich solche Unternehmungen extrem abtoernend finde – eine Bustour. Und ganz wie ich es erwartet hatte, befand ich mich denn dann auch in mitten einer Gesellschaft peruanischer Hausfrauen. Alles in allem wurde es dann aber doch noch ganz lustig. Zum Mittag verspeisten die Damen Cuy. Bis dahin hatte ich es für ein Gerücht oder miesen Scherz gehalten, aber nein, es ist wahr: Peruaner verzehren Meerschweinchen. Gebraten sieht es aus wie tote Ratte, genießen tun sie es wie eine Delikatesse. Im Laufe des Nachmittags entschädigte die Aussicht auf gletscherbedeckte Andenspitzen, jadefarbene Täler und türkisblaue Lagunen für Schmerzen an meinem Po. Am Ende der Rundrfahrt stand für mich fest: in die höchste Gebirgskette der Welt (nach dem Himalaya) muss ich unbedingt zurückkehren – und eine längere Wanderung unternehmen!
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Trujillo – Bei den Moche und den Chimu

Die Nordküste Perus wird von Gringos relativ gering frequentiert, auch wenn es hier doch einiges zu Entdecken gibt. Die Stadt Trujillo ist Ausgangspunkt für die Besichtigung von gleich zwei bedeutsamen historischen Städten. Der Conquistador Francisco Pizarro hielt sie für so wichtig, dass er sie nach seiner spanischen Heimatstadt benannte. Ganz in der Nähe hatte er zwei Tempel der Moche entdeckt, den Huaca del Sol (Tempel der Sonne, auch Sonnenpyramide genannt) und den Huaca de la Luna (Mondpyramide).
Die 200 m mal 300 m große Sonnenpyramide war ursprünglich einmal 41 m hoch. Sie gilt als das größte massive Bauwerk des kontinentalen Amerikas. Der Brauch der Moche, bei einem Priesterwechsel einen neuen Tempel auf den Mauern des alten zu errichten, hat zu ihrem Erhalt beigetragen.

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Noch immer sind Archäologen damit beschäftigt die einzelnen Schichten freizulegen. Funde belegen, dass bei den Moche eine Frau die Funktion eines Hohepriesters inne hatte. Auf einer Darstellung ist zu sehen, wie ein weibliches Wesen dem Herrscher in einem Kelch das Blut der Opfer darbietet. Andere Fresken zeugen von blutigen Ritualen, u.a. Menschenopfer.
Vor der Zerstörung dieser Bauwerke durch die Spanier hatte bereits das Volk der Chimú die Pyramiden besetzt gehabt. Ihre Haupstadt Chan Chan war nur wenige Kilometer entfernten gelegen. Chan Chan galt um 1400 als die größte präkolumbische Stadt Amerikas und als die größte Lehmziegelstadt der Welt. Das Chimu-Reich wurde wiederum 1460 von den Inka erobert. Doch auch sie plünderten die feindliche Stadt nicht sondern überließen dies knapp ein halbes Jahrhundert später ebenfalls den Spaniern.

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Máncora – Vorsicht! Loki!

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… einen Tisch, ein paar Flaschen Sprit und eine hübsche Angestellte – mehr braucht eine Tankstelle eigentlich nicht. Der kurze Anfahrtsweg ersparte Zeit und die Einrichtung erwies sich als ausgesprochen praktisch. Ganz im Gegensatz zum Grenzübergang, in dessen Mitte sich diese Anlaufstelle für durstige Fahrzeuge platziert hatte. Das ecuadorianische Immigrationsbüro befand sich bereits 3 km vor der eigentlichen Staatsgrenze, das peruanische erst 3 km dahinter. Die Demarkationslinie selbst musste ich zu Fuß überqueren. Und so wie ich meinen Rucksack, hatte hier scheinbar jeder etwas zu transportieren. Dabei bugsierte er es entweder auf dem Rücken, zog daran oder schob es in einem Karren vor sich her. Manche versuchten ihren Besitz auch an Ort und Stelle zu verkaufen. Sonnenbrillen, überreife Früchte, Nüsse, frittiertes Gemüse und alles wonach mir sonst noch nicht war, wurde mir unter die Nase gehalten. Dazwischen versuchten sich LKWs und Busse einen Weg zu bahnen. Nach dem zweiten Stempelgang waren es bis nach Thumbe, dem ersten peruanischen Ort noch einmal 10 km. Als ich in Máncora eintraf, ging bereits die Sonne unter. Ich hatte es geschafft und ich war es auch.

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Unter diesen Umständen erschien mir das Ambiente meines abendlichen Hostels wie ein Traum. Das weiß getünchte Gemäuer versprach Sauberkeit. An einer Bar unter freiem Himmel amüsierten sich lautstark ein paar Gringos. In ihren Gesichtern spiegelte sich das blaue Licht eines elektrisch beleuchteten Pools. Quer über den Innenhof sang Lenny Kravitz. Und es roch nach frisch gebratenen Steaks. „Soll ich Dir auch eins drauf legen?“, rief von weitem ein Typ mit einem hellblauen, fettigen T-Shirt, die Grillgabel auf mich gerichtet. Ich hatte meinen Rucksack noch nicht abgenommen, stammelte aber ein „Ja!“ hervor. Warum auch nicht? Gegessen hatte ich noch nichts. War ja auch nett mir unbekannterweise etwas anzubieten. Ich stellte mich vor. „Ich bin Andreas aus Hamburg.“, entgegnete mir Andreas. „Scheint ja sehr nett hier zu sein“, steuerte ich bei, in der Absicht meinen ersten Eindruck zu verarbeiten. “Das ist es.“, gab Andreas zurück, „Und es gehört alles mir.“ (1) Während er das sagte hob er wieder seine Grillgabel an und zeichnete den Umriss des Hostels nach. „Eigentlich bin ich Koch. Jetzt gehören mir 160 Betten.“. „160? Dann würde ich das hier nicht mehr als Hostel bezeichnen. Das ist doch dann schon eher ein Ressort!“, rutschte es mir raus. „Hol Dir ’n Teller. Sonst wird’s kalt!“, bellte Andreas zurück. Dankbar nahm ich das Angebot an. Offensichtlich war ich in ein Fettnäpfchen getreten. Dabei hatte ich, wie sich in den nächsten Tagen noch herausstellen sollte, mit meiner Feststellung gar nicht so falsch gelegen. Máncora war vielleicht einmal ein idyllisches Fischerdörfchen das Surfer und Rucksackreisende anzog. Doch heute ist Máncora Loki. Loki zieht an. Und Loki bietet den Angereisten alles, was sie an Komfort daheim gelassen haben – und noch mehr! Wettbewerbe, Wasserspiele, und Motto-Partys fesseln die Gäste an gute Laune und die Bar. Gründe das Loki zu verlassen gibt es eigentlich nicht. Sogar mit dem Strand ist das Loki direkt verbunden. Positiv gesehen bleiben den Anwohnern so die Gringos erspart, negativ gesehen aber auch ihr Geld. Loki behält es ein wie ein Magnet. 1,5 Jahre ist das Loki in Máncora gerade mal alt. Doch der zermürbende Einfluss auf die heimische Infrastruktur ist nicht zu übersehen. Von den vielen Bars am Strand haben gerade einmal drei noch täglich geöffnet. Ein nächtliches Strandleben findet sozusagen gar nicht mehr statt. Als ich eine der drei noch laufenden Bars an meinem zweiten Abend aufsuchte, musste sie gerade schließen. Der Eigentümer vom Loki habe die Polizei verständigt, erklärte mir die Kellnerin seine Gäste fühlten sich in ihrer Nachtruhe gestört. Kaum hatte sie mir das erklärt, postierten sich auch schon drei Polizisten vor ihrer Bar. Für Peru scheint das selbe zu gelten, wie für Ecuador: „Wer Geld hat, kann hier damit machen was er will.“
Meinen Aufenthalt in Máncora versuchte ich dennoch zu genießen, was mir auch gelang. Vor der Küste rollen kilometerlange Wellen entlang, von perfekter Form und Stärke zum Surfen. Ein solcher Monsterbrecher katapultierte mich in wenigen Sekunden mehrere Hundert Meter bis auf den Strand. Es war der Wahnsinn. Mein absoluter Rekord. Außerdem lernte ich in diesen Tagen Stefen kennen. Der Österreicher hatte gerade zwei Jahre in Lima verbracht und erwies sich als ein schier unendlicher Pool an Erfahrungs- und Erlebnisberichten über das Leben in Peru. Nun bin ich gespannt, was mich in den nächsten Tagen und Wochen so ereilen wird.

(1) Neben dem „Loki“ in Máncora gibt es in Peru und Bolivien noch drei weitere Hostels mit dem Namen „Loki“. Alle vier sind eng miteinander „verdrahtet“, funktionieren nach der selben Geschäftsidee und arbeiten auch sehr effizient nach dem selben System. Soweit ich weiß gibt es insgesamt neun Eigentümer.
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Vilcabamba – Im „Tal der Hundertjährigen“

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Blick über das Tal der Langlebigen vom Frühstückstisch aus: Hier, so heißt es, werden die Menschen bis zu 125 Jahre alt. Der Grund dafür ist umstritten. Wissenschaftler führen das hohe erreichte Alter auf die negative Ionenladung der Luft zurück, welche durch abendliche elektrische Stürme verursacht wird. Außerdem sei das Wasser mineralisch perfekt ausbalanziert. Das ganzjährig milde Klima, ausgewogene Ernährung und ständige Bewegung täten ihr übriges.
Der Frühstückstisch gehört übrigens Peter. Peter kommt aus Bayern und sein Hostel war mir die bisher angenehmste Unterkunft meiner gesamten Reise. Aus Naturstein und Holz gezimmerte Hütten, große, bequeme Betten, heiße Duschen, ein Pool, ein üppig blühender Garten und das ganze verbunden mit der schon erwähnten atemberaubenden Aussicht. Obwohl Peter vom Ruf des Tales profitiert, gibt er ehrlich zu, dass die Zeit der Langlebigen abgelaufen ist. „Heute wird hier niemand mehr so alt. Das war einmal.“ „Warum?“, frage ich erstaunt, „Was hat sich denn verändert?“. „Nun, als wir uns 98 hier niederließen, führte noch keine Straße ins Tal. Die Menschen waren noch gezwungen zu Laufen. Was sie brauchten, mussten sie ins Tal tragen. Heute fährt hier jeder mit seinem Auto, Taxi oder Bus.“ Die Zivilisation sei eben auch hier angekommen, meint er und lächelt schelmisch.
Trotzdem ist Vilcabamba für Einheimische und Reisende noch immer ein Paradies. „
Izhcayluma“, den Namen seines Hostel, hat Peter vom Vorbesitzer übernommen. Schwierig auszusprechen ist er nicht gut fürs Geschäft, doch Peter ist an Integration gelegen. Wanderfreudigen Besuchern gibt er selbstgezeichnete Wanderkarten mit. Auf deren Rückseite weist er darauf hin, Einheimische doch ruhig zu grüßen, wenn man ihnen denn begegne.
Ich gelobte mich an die Aufforderung zu halten und ging auf Erkundungstour. Der von mir eingeschlagene Pfad führte mich über mehrere Kilometer auf dem Grad einer Gebirgskette entlang. Links und Rechts von mir vielen die Felswände schroff hinab. Wandern mit Adrenalin im Blut, das war genau nach meinem Geschmack. Allein und weitab vom Lebensalltag genoss ich einen fantastischen Tag.

(1) „Izhcayluma“ ist Quichua (die alte Inkasprache) und bedeutet: „Zwei Hügel“.
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