Gestern habe ich Silvia besucht. Silvia ist ein kleiner Ort nordöstlich von Popayán. Jeden Dienstag treffen sich hier die Guambiano. Sie gelten als eines der traditionsbewusstesten Völker Kolumbiens. Sie leben zwar nicht in Silvia, kommen aber aus den umliegenden Bergen hierher, um Früchte, Gemüse und Handwerksarbeiten zu verkaufen. Die Frauen kleiden sich in schwarze Röcke und blaue Umhänge mit pinkfarbener Borte. Für die Maenner ist ein blauer Kilt, eine Weste und ein um den Hals geschwungener, bunter Schal typisch. Frauen wie Männer haben ihre Haare zu einem Zopf geflochten. Bei den Männern gilt dies als Zeichen von Kraft und Stärke. Den Kopf schmückt in der Regel ein Melonenhut. (1) Da die Guambiano Fotos überhaupt nicht mögen, kann ich Euch leider nur dieses Eine hier zur Verfügung stellen.
Die Guambiano gelten unter anderem deshalb als so traditionell, weil sie (vor allem die Frauen) eine Vermischung mit anderen Völkern strikt ablehnen. Auch wird sonstiger Kontakt zur „Zivilisation“ weitestgehend vermieden. Und so habe auch ich mich gestern nicht sonderlich „Willkommen“ gefühlt. Im Gegensatz zu anderen Begegnungen mit indigenen Einwohnern, war den Guambianos kein Lächeln zu entlocken. Unglücklicherweise trug ich auch noch ein Che Guevara T-Shirt. Bis dato war dieses Bekleidungsstück bei den Einwohnern Südamerikas auf Gegenliebe gestossen. Doch in Kolumbien, so klärte mich gestern Abend ein Kolumbianer auf, ist der Revolutionär nicht ganz so beliebt. Die FARC hatte sein Konterfei über lange Zeit für ihre Zwecke missbraucht. Und da hier fast jeder Einwohner einen Angehörigen in diesem schmutzigen Guerillakrieg verloren hat, war mein gestriges Erscheinungsbild ein ziemlich grosser Fauxpas. Ich habe noch viel dazu zu lernen…
(1) Für die Kleidung der Guambiano gilt in etwa das gleiche, wie für die der Cholitas in Bolivien, Peru und Chile. Einst war sie Ausdruck für die Anpassung an die „zivilisierte“, spanische Kultur. Heutzutage wird sie von Frauen und Männern getragen, die stark ihrer indigenen Herkunft verhaftet sind.